Archiv für den Monat: Juni 2015

„41 Tage Kriegsende 1945 – Verdichtung der Gewalt“

Am 3. Juni 2015 besuchen ein knappes Dutzend GeLH RVA Mitglieder die Ausstellung.

Der Power Point Vortrag des Herrn Dr. Georg Hoffmann von der Universität Graz: „Fliegermorde und Bombenkrieg“, hat mich sehr beeindruckt. Dr. Hoffmann hat mir zugesagt, den Vortrag auch für den GeLH Verein zu halten. Leider haben sich nur wenig interessierte Mitglieder gemeldet. Folglich kein extra Vortrag für den Verein, sondern die Alternative, ein Besuch der Ausstellung: „41 Tage Kriegsende 1945“, in Wien auf dem Heldenplatz und im Äußeren Burgtor, wo Kurator Dr. Hoffmann laut Programm, am 3. Juni für das Expertengespräch: „Fliegermorde und Bombenkrieg“ eingeplant ist.
Unter den hauptsächlich älteren Gesprächsteilnehmern waren viele, die das Kriegsende als Kinder miterlebt hatten und sich dementsprechend äußerten.
Am 29. März 1945 überschreitet die Rote Armee bei Klostermarienberg im Burgenland die heutige österreichische Grenze, am 8. Mai 1945, 41 Tage später erfolgt die bedingungslose Kapitulation des Deutschen Reiches.
(3.6.2015) Chronologie der 41 Tage siehe:
http://www.oeaw.ac.at/veranstaltungen-kommunikation/veranstaltungen/websites/2015/41tage/41-tage/
Herr Dr. Hoffmann erläutert an Hand der ausgestellten Bilder die Geschehnisse und Verhaltensweisen dieser letzten 41 Kriegstage.
Wie groß musste die Angst vor Repressalien und ums eigene Leben gewesen sein oder die Verblendung, der Glaube an Wunderwaffe und Endsieg, dass Leute angesichts der aussichtslosen militärischen Lage sechs Wochen vor Kriegsende dem NS-Regime weiterhin ihre Loyalität erwiesen? Dadurch erlitten noch zigtausende Menschen, Soldaten, Zivilisten, Häftlinge, Lagerinsassen, Kriegsgefangene, den Tod im Feld, im Bombenhagel, auf Todesmärschen, durch Vollstreckung erschreckend vieler standrechtlicher Hinrichtungen und Todesurteile; z.B. nach dem Verrat der „Operation Radetzky“ (Verschonung der Wiener Bevölkerung und Kulturgüter bei kampfloser Übergabe der Stadt an die Sowjets), am 5. April 1945 werden Major Karl Biedermann, Hauptmann Alfred Huth und Oberleutnant Rudolf Raschke verhaftet und am 8. April in Floridsdorf, an der Busstation Am Spitz öffentlich gehenkt, an der Brust die anprangernden Schandtafeln: „Ich habe mit Bolschewiken paktiert“.
Wie konnte die Bevölkerung die schweren Bombardements psychisch und physisch verkraften und trotz katastrophaler Lebensumstände, ohne Wasser, Gas, Strom und Nahverkehr das „Alltagsleben“ meistern?
Die Atmosphäre, die Enge und das ängstlich, hautnahe Zusammenkauern in den Luftschutzräumen wurde von der NS-Propaganda genutzt, um die Verbundenheit und den Zusammenhalt der Volksgemeinschaft aufrecht zu erhalten und zu festigen. Luftschutzblockwarte und NSDAP Mitglieder haben in den Luftschutzräumen Stimmung gegen den Feind, die feindlichen Flieger gemacht. Sie hetzten die Bevölkerung auf, feindliche Flugbesatzungen zu lynchen, sie zu erschlagen. Am 25. April 1945 war in und um Linz der Höhepunkt der „Fliegerlynchjustiz“. Abgeschossene Flugzeugbesatzungen wurden gejagt, misshandelt und ermordet.
Die Ausführungen von Herrn Dr. Hoffmann werden nachvollziehbar, wenn man bedenkt, dass die für breite Bevölkerungsschichten zum Alltag gewordenen NS-Ideologien schon jahrelang Staat und Gesellschaft geprägt haben und per Gesetz vorgeschrieben war, die Jugend „im Geiste des Nationalsozialismus zu erziehen“.
Auszüge aus dem „Gesetz über die Hitlerjugend“, Reichsgesetzblatt Nr.113/1936 und Nr.66/1939:
„Die gesamte deutsche Jugend ist außer in Elternhaus und Schule in der Hitlerjugend körperlich, geistig und sittlich im Geiste des Nationalsozialismus zum Dienst am Volk und zur Volksgemeinschaft zu erziehen“.
„Alle Jugendlichen von 10 bis 18 Jahre sind verpflichtet, in der Hitlerjugend Dienst zu tun“.
Neben der HJ waren alle anderen Jugendorganisationen verboten worden (D: 1933, Ö: 1938).
Nach dem Ausstellungsbesuch geht´s zum vorgezogenen monatlichen Jour fixe beim Gigerl.
Mike
GeLH RVA